Digitale Horizonte in der Immobilienwirtschaft

von Daniel Seifert-Ziehe Veröffentlicht am:

Digitalisierte Arbeitsprozesse sind der Beginn, eigenständige digitale Geschäftsmodelle die Fortsetzung und die Zukunft. Auch die Immobilienbranche rüstet im Rahmen der Digitalisierung auf und entwickelt neue Prozesse, die BEOS AG agiert dabei als einer ihrer Vorreiter in Deutschland. Ein Gespräch mit Daniel Seifert-Ziehe, Leiter Digital Solutions, über digitale Gegenwart und Zukunft der Branche.

Daniel Seifert-Ziehe, Leiter Digital Solutions bei der BEOS AG
Daniel Seifert-Ziehe, BEOS AG

 

Herr Seifert-Ziehe, vor drei Jahren sind Sie zu BEOS gekommen und haben dort die Verantwortung für die digitale Entwicklung des Unternehmens übernommen. Welche Ziele waren damit verbunden?

Die Stelle, die ich im Januar 2017 angetreten habe, wurde gemeinsam mit dem Vorstand neu entwickelt. Als einen wichtigen Wirkungsbereich haben wir das digitale Ökosystem von BEOS definiert, also die Infrastruktur, mit der unsere Mitarbeiter arbeiten. Die zweite wesentliche Aufgabe betrifft die Digitalisierung des Immobilienbusiness selbst. Die Branche ist hier in weiten Teilen noch analog geprägt, doch in der jüngeren Vergangenheit hat ein Umdenken eingesetzt mit dem Ziel, konsequent oder zumindest möglichst weitreichend digital zu arbeiten.

In unserem Fall heißt das ganz konkret: Wir wollen Daten verarbeiten anstelle von Dokumenten und den Kunden- und Objektbestand wirklich digitalisiert vorhalten. Systeme verwenden, die nahtlos Informationen von A nach B weitergeben. Keine Medienbrüche mehr, keine Zettelwirtschaft, Daten nur noch digital austauschen, um einige Schlagworte zu nennen. Inzwischen haben wir da bereits viel erreicht. In der dritten definierten Säule steckt die sprichwörtliche Musik. Hier geht es darum, das wahre Potential der Digitalisierung zu nutzen und neue, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln: Nicht nur Effizienz schaffen, nicht nur Kosten sparen, sondern wirklich neue Income-Streams identifizieren und diese Potentiale heben.

 

Zum Beispiel?

Aktuell befinden wir uns hier in der Entwicklungs- und Testphase. Wichtig ist: Innovation ist etwas, wofür Raum geschaffen werden muss und das tun wir. Beispielsweise haben wir Forschungstage eingeführt, um unseren Mitarbeitern Raum und Zeit dafür zu geben, Dinge im digitalen Bereich zu erforschen – und zwar ganz unabhängig und ohne zwingenden Bezug zu unserem Geschäft. Zudem schauen wir uns unser Portfolio sehr genau an und suchen dort nach Möglichkeiten. Auch mit Blockchain- und Sensortechnik beschäftigen wir uns und haben bereits Projekte angestoßen. So sind etwa unsere eigenen Büros mit Sensoren ausgestattet, die uns unter anderem Rückschlüsse auf die Ausnutzung unserer Flächen erlauben. Bei all diesen Themen gilt: Scheitern muss erlaubt sein.

 

Man sagt der Immobilienwirtschaft nach, dass sie sich mit der Digitalisierung schwerer tut als andere Branchen. Würden Sie das bestätigen oder ist das ein überwundener Mythos?

Es fällt mir schwer, hier einen Vergleich zu ziehen, da ich andere Branchen nicht so gut kenne wie die Immobilienwirtschaft. Ich stelle allerdings fest, dass es unter deren Entscheidern gewisse Ressentiments gab, die allmählich aufgebrochen werden. Silodenken oder Arbitrage-Gedanken sind durchaus weit verbreitet, denn exklusives Wissen konnte in der Vergangenheit zu höheren Gewinnen führen. Doch Digitalisierung funktioniert anders, sie forciert Prinzipien wie Shared Economy und geteiltes Wissen sowie hohe Geschwindigkeit beim Daten- und Informationsaustausch. Die Herausforderung liegt darin, die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen und das Tagesgeschäft nicht zu vernachlässigen. Man muss lernen, in zwei Welten zu leben. Hier hat die Immobilienwirtschaft nach meiner Beobachtung Nachholbedarf – und hat das erkannt. Alle großen Assetmanager haben inzwischen Digitalisierungsabteilungen aufgebaut, arbeiten mit agilen Methoden, gründen Spin-Offs und bringen so Bewegung in den Digitalisierungsprozess.

 

BEOS ist mit sieben Mitarbeitern in diesem Bereich verhältnismäßig stark besetzt. Glauben Sie, dass die Digitalisierung eines Unternehmens schlussendlich über das Bestehen am Markt entscheiden wird?

Auch und vor allem im Bereich der Digitalisierung können die Vorreiter einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Die Immobilienwirtschaft profitiert momentan von sehr guten Rahmenbedingungen. Hinzu kommt, dass ihr Asset – die Immobilie – ein reales Gut ist. Es gibt ein Gebäude. Das ist aus Stein gebaut. Es existieren Mieter und Verträge. Dennoch wäre es fatal, sich auf dieser vermeintlichen Sicherheit auszuruhen. Immerhin wurde auch lange Zeit davon geredet, dass kein Mensch seine Tageszeitung je durch ein Display ersetzen wird.

 

Gibt es Prozesse, von denen Sie annehmen, dass sie nicht digitalisiert werden können?

Es gibt aus meiner Sicht keine naturgegebene Grenze, denn früher oder später verändern sich Dinge. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass sich zumindest in unserem aktiven Berufsleben beim Thema Bau nichts wesentlich verändern wird, da es hier noch lange Menschen benötigt, die das Gebäude errichten oder Beton gießen. Zwar existieren Ansätze mit Maschinen und Baurobotern, die Steine aufeinanderschichten, und 3D-gedruckte Gebäudeteile, die nur noch zusammengefügt werden. Aber am Ende des Tages wird die Digitalisierung in diesem Bereich noch eine ganze Zeit auf sich warten lassen. BIM (Building Information Modeling, die softwarebasierte Bauwerksdatenmodellierung) ist sicher ein Thema, aber auch das entwickelt sich sehr zaghaft und ist eher ein Tool für Architekten und nicht für den Polier auf dem Bau. Das wird wahrscheinlich auch in zwanzig Jahren noch so sein.

In unserem Kerngeschäft folgen wir übrigens der Devise: „Dumme Gebäude sind smarte Investments.“ Das bedeutet, während wir Prozesse und Daten in hohem Tempo weiter digitalisieren, verfolgen wir bei unseren Gebäuden eher einen Low-Tech-Ansatz in dem Sinne, dass wir keine Sensoren oder aufwändige Bus-Systeme installieren. Das ist kosteneffizient und nachhaltig, da aktuelle Smart-Technik schnell veraltet. Diese Strategie orientiert sich natürlich stark am Bedarf unserer Mieter, die solche Smart-Building-Lösungen zumindest heute noch nicht explizit fordern. Aber wir beobachten die Entwicklungen und sind auch bereit, vernetzte Lösungen anzubieten, sollte der Bedarf wachsen.

 

Gibt es da schon so ein disruptives Element, das Sie am Horizont erkennen?

Ein konkretes noch nicht, aber ich sehe durchaus Potentiale. Uber, Amazon, das sind alles Giganten, die über uns gerollt sind. Wir in Deutschland sind in punkto Digitalisierung bekanntermaßen nicht sonderlich gut aufgestellt und waren eher in der Zuschauerrolle. Aber ich kann mir vorstellen, dass auch hierzulande und für die Branche ein neuer digitaler Standard geschaffen wird, den ich jetzt noch nicht konkret benennen kann, der die Bestandshalter oder vielleicht die Makler auf die Probe stellen wird. Heute ist das ein People’s Business, morgen läuft das vielleicht alles digital ab. Und zumindest in Deutschland sehen wir uns durchaus als Vorreiter darin, diese digitalen Entwicklungen voranzutreiben.

 

Herr Seifert-Ziehe, vielen Dank für das Gespräch.

 

 

Daniel Seifert-Ziehe ist seit Januar 2017 Leiter Digital Solutions bei der BEOS AG und verantwortet dort unter anderem die Entwicklung und Implementierung digitaler Geschäftsmodelle. 1997 gegründet, ist die BEOS AG seit 2002 spezialisiert auf Unternehmensimmobilien. Dabei handelt es sich um gemischt genutzte Unternehmensimmobilien aus den Bereichen Büro, Produktion, Service und Logistik. BEOS bewirtschaftet deutschlandweit über 120 Bestandsobjekte und führt diese neuen Nutzungskonzepten und Mietern zu. 2010 hat BEOS den Bereich Asset Management aufgebaut und institutionellen Investoren mit dem ersten Spezialfonds für Unternehmensimmobilien den Weg in die damals neue Assetklasse geebnet. Seit August 2018 agiert BEOS als Dienstleister im Auftrag institutioneller Investoren unter dem Dach von Swiss Life Asset Managers.

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