Fachkräftemangel?
Kein Grund, zu kapitulieren.

von Andreas Becker Veröffentlicht am:

Active Sourcing, Kampagnenmanagement und Programmatic Job Advertising in der Personalsuche – seit der Gründung von Vires Conferre vor 15 Jahren haben wir unseren Kompetenzbereich stets erweitert und blicken zurück auf eine erfolgreiche Vergangenheit. Dennoch ist und bleibt, bei all den neuen Möglichkeiten die sich im Zuge der Digitalisierung ergeben, die entscheidende Ressource die selbe. Welche? Das erfahren Sie in unserem umfangreichen Interview mit den Geschäftsführern Uwe Richter und Malte Kutscha.

Interview mit Malte Kutscha und Uwe Richter

Seit 15 Jahren widmet sich das Team von Vires Conferre dem zunehmenden Fachkräftemangel. Was an einem einzelnen Schreibtisch begann, hat sich inzwischen zu einem 50 Mitarbeiter starken Unternehmen mit zwei Standorten in Berlin und Hamburg entwickelt. Der Arbeitsmarkt hat sich in dieser Zeit stark verändert, und mit ihm auch die Methoden und Herausforderungen für Recruiting-Prozesse im Zeitalter des akuten Fachkräftemangels. Die Geschäftsführer Uwe Richter und Malte Kutscha beleuchten das Thema aus Ihren Erfahrungen.

Herr Richter, Herr Kutscha, Sie feiern in diesem Juni das 15-jährige Bestehen von Vires Conferre. Wie sehen Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens seit dem Start im Jahr 2004?

Uwe Richter: Seit unserer Gründung hat sich vieles verändert, sowohl bei uns intern, als auch bei den Anforderungen unserer Kunden und den Marktgegebenheiten. Ausgehend von den Unternehmenswurzeln im Finanzbereich haben wir uns in eine Personalberatung mit spezialisierten Fachabteilungen entwickelt und können inzwischen viele unterschiedliche Branchen auf einem hohen Niveau bedienen. Anfangs waren wir vor allem vermittelnd tätig, inzwischen ist der Anteil der Beratung in unserer täglichen Arbeit deutlich gestiegen.

Malte Kutscha: Wichtig ist uns dabei, dass sich die Qualität unserer Berater und unserer internen Prozesse für den Kunden bemerkbar macht - ob er nun eine reine Vermittlungsleistung oder eine komplexere Beratungsleistung sucht. Schön ist, dass der Markt diese Einstellung deutlich honoriert und uns eine solche Entwicklung ermöglicht hat.

Sie haben die Veränderungen auf dem Markt bereits angesprochen. Was ist Ihrer Meinung nach von besonderer Relevanz?

Uwe Richter: Der Fach- und Führungskräftemangel ist ohne Frage eines der größten Probleme für Unternehmen und spitzt sich bislang weiter zu. Der Aufwand der betrieben werden muss, um geeignete Persönlichkeiten zu finden und für eine Vakanz zu begeistern, ist erheblich angestiegen. Die Qualität und Nachhaltigkeit in den Besetzungsprozessen spielt deshalb auch eine immer größere Rolle. Je besser die Person fachlich und menschlich in die zu besetzende Position passt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine langfristige Bindung ergibt. Das ist heute wichtiger denn je.

Malte Kutscha: Unternehmen müssen sich immer häufiger fragen, was sie für den enger werdenden Markt an potentiellen Arbeitnehmern abgrenzbar macht und besonders wirken lässt. Auch die Kanäle und Methoden, mit denen um passende Kandidaten geworben wird, gehören generell auf den Prüfstand. Da hilft es Unternehmen besonders, wenn wir bereits jahrelang erfolgreich einen Kandidatenmarkt bedienen und unser betreuender Berater „seinen“ Fachbereich spezialisiert ausgebaut hat.

In welchen Bereichen tritt der Fachkräftemangel auf?

Uwe Richter: Das muss man differenziert sehen. Zum einen gibt es Jobbilder, die in der Vergangenheit so nicht existierten, die extrem nachgefragt werden. Das betrifft zum Beispiel die schnell wachsenden digitalen Märkte, wo in hoher Geschwindigkeit neue Business-Modelle entstehen. Wenn ich auf den Finanzbereich als eines meiner persönlichen Schwerpunktgebiete blicke, gibt es aber auch andere Gründe. Wenn man sich beispielsweise die Zahlen der Teilnehmer zum Wirtschaftsprüferexamen ansieht, stellt man fest, dass es in den vergangenen 15 Jahren einen Teilnehmerrückgang um fast 50 Prozent gegeben hat, bei einer etwa gleichbleibenden Quote von erfolgreichen Absolventen. Das heißt also, die Gehälter bei den Personen, die jetzt Ihre Arbeitskraft auf dem Markt anbieten können und die damit verbundenen Kosten für die Unternehmen, steigen alleine schon aufgrund der Verknappung, ohne dass sich die Qualität der gebotenen Leistung verbessert hätte.

Malte Kutscha: Was mich in diesem Zusammenhang besonders erschreckt, ist, dass wir zwar bereits alle meinen, bspw. den „Fachkräftemangel“ im Gesundheitswesen zu kennen - auch in der IT oder im Engineering überrascht keinen mehr solch eine Schlagzeile. Allerdings ist vielen noch nicht bewusst, dass sich das auch längst auf etliche Berufsbilder im kaufmännischen Bereich erstreckt. Vor 15 Jahren wurde man bei der Suche zum Beispiel nach einem hochwertigen Leiter Finanz- und Rechnungswesen noch mit Aktivbewerbungen umworben – heute muss man solche Profile schon gezielt aktiv ansprechen.

Wo sehen Sie die Ursachen für diesen Rückgang?

Uwe Richter: Einerseits spielen die geburtenschwächeren Jahrgänge eine gewisse Rolle. Allerdings sind auch die Inhalte einiger klassischer Berufsbilder gewissermaßen nicht mehr „sexy“. Die klassischen Berufsbilder müssen sich auf dem Markt der freien Berufswahl nunmehr verstärkt mit den sich bietenden Chancen in der New Economy messen. Da verdienen Berufseinsteiger mitunter schnell hohe Summen, ohne sich durch einen steinigen Weg quälen zu müssen, an dessen Ende bspw. noch ein sehr schwieriges Examen mit einer 50/50-Chance zu bestehen wartet. Auch sind die Aussichten, in den klassischen Berufen einen sicheren Hafen zu finden, nicht mehr dieselben wie vor zwanzig oder dreißig Jahren.

Malte Kutscha: Viele der heutigen Probleme sind auch hausgemacht, ein Umdenken der Führungskräfte bei der Einstellung und Entwicklung neuer Generationen muss stattfinden. In vielen Branchen sind allerdings die Rahmenbedingungen stark durch politische Entscheidungen beeinflusst. Im Gesundheitswesen ist beispielsweise die „Refinanzierung“ vermeintlich hoher Personalkosten ein Evergreen und immer schon politisch bespielt. Letztlich geht es hier doch aber darum, den künftigen Interessenten die Anerkennung sozialer Berufe in Ihrer Wichtigkeit für die Gesellschaft durch ein entsprechendes Salär und/oder verbesserte (kostenintensivere) Arbeitsbedingungen aufzuzeigen.

Wie reagiert der Markt auf diese Entwicklungen im Allgemeinen und Sie als Personalberatung im Speziellen?

Malte Kutscha: Als Personalberatung können wir die Ursachen nicht beseitigen, sondern nur die Symptome unserer Kunden lindern. Dort, wo nicht genügend Fachkräfte vorhanden sind, führt der War for Talents letztlich nur zu einem Verschiebebahnhof. Die Motivation der Kandidaten, die Position zu wechseln, ist dann oft nur „teurer, schneller, weiter“ und das ist nicht immer ideal. Einige der Schwierigkeiten, beispielsweise im Gesundheitswesen, lassen sich aktuell nur über den internationalen Arbeitsmarkt in den Griff bekommen, darüber, ausländische Qualifikationen anzuerkennen und die Kräfte hier in den Markt zu integrieren. Dennoch versuchen wir als Berater, zumindest einen gewissen Einfluss zu nehmen. Beispielsweise, um bei länger bestehenden Stellen zu prüfen, ob sie in der immer wieder identischen Form noch sinnvoll und zeitgemäß sind, und auf den Vermittlungsprozess als solchen. So müssen gerade Konzernunternehmen bei bestimmten Suchen lernen, angesichts des vorherrschenden Tempos auf dem Arbeitsmarkt ihre Abläufe zu verschlanken und flexibler zu werden. Allerdings, so meine ich, innerhalb gewisser Grenzen. Einige Bewerbungsschritte haben sich aus guten Gründen etabliert und sie kategorisch für ein höheres Tempo einfach über Bord zu werfen, halte ich für keine gute Idee. Qualität ist entscheidend.

Uwe Richter: Der Markt reagiert auf die Verknappung übergreifend mit einem steigenden Gehaltsniveau bei Nach- und Neubesetzungen. Die suchenden Firmen sind dabei auch bereit, neue Wege zu gehen und die Methodik des klassischen Recruitings bspw. durch digitales Active Sourcing zu ergänzen. Hier setzen die rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch zumeist enge Grenzen, so dass Personalberatungen mit bestehenden Netzwerken zu guten und schnell verfügbaren Kandidaten sehr häufig bei der Besetzung von Vakanzen hinzugezogen werden (müssen!). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es heute erheblich teurer und zeitintensiver ist, Funktionen nachhaltig zu besetzen als bspw. noch vor 10 oder gar 15 Jahren. Diese Rahmenbedingungen gelten auch für uns als Personalberatung.

Für uns im Speziellen bedeutet dies, dass wir verstärkt alle verfügbaren und funktionsfähigen Instrumente des Active Sourcing nutzen, um für unsere Kunden den besten am Markt verfügbaren Kandidaten zu identifizieren und auf eine Vakanz anzusprechen. Wir nutzen neben dem klassischen Telefon-Struktur-Ident daher seit vielen Jahren auch digitale Netzwerke aller Art und Social Media Plattformen im erheblichen Umfang, um hier schnell zu sehr guten Ergebnissen zu kommen. Gleichzeitig gewinnen auch Instrumente wie das Programmatic Job Advertising, Kampagnenmanagement oder das Retargeting von Anzeigen erheblich an Bedeutung.

Der Aufwand ist zum Teil enorm und mit früheren Aufgabenstellungen nicht mehr vergleichbar. Bei schwierigen Problemstellungen kann eine erfolgreiche Suche meines Erachtens daher nur von spezialisierten Personalberatungen und großen Unternehmenseinheiten professionell durchgeführt werden. Kleinere Firmen können einen solchen Aufwand zumeist nur mit erheblichen Kraftanstrengungen betreiben und haben zudem mitunter auf der Employer Branding Seite noch ein Darstellungsproblem. Neben dem erheblichen Aufwand und den Kosten, die eine Suche heute verursachen, muss jedoch auch zwingend das notwendige Know How vorhanden sein. Es ist die Voraussetzung, um sich neu etablierende Instrumente zielgerichtet schon heute einsetzen zu können.

Active Sourcing, Kampagnenmanagement und Programmatic Job Advertising in der Personalsuche sind Instrumente, die wir schon heute aktiv einsetzen oder die wir in ihrer Wirksamkeit erproben. Bei allem was da neu auf uns zukommt und schon Anwendung findet, denke ich aber, dass unsere entscheidende Ressource nach wie vor unser stetig persönlich gepflegtes Netzwerk zu potentiellen Kandidaten ist. Durch die Fachhintergründe unserer Personalberater(innen) aus unterschiedlichen Branchen stehen wir regelmäßig mit sehr vielen Menschen in Kontakt, die in den Online-Netzwerken bewusst nicht auftauchen und sich auch nicht als suchend zeigen. Bislang ist es uns damit gelungen, noch jede Stelle erfolgreich zu besetzen.

Uwe Richter

Uwe Richter

Geschäftsführer, CEO

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