Frust bei Bewerbern – und was man daraus lernen kann

von Andreas Becker Veröffentlicht am:

Die Kommunikation zwischen Unternehmen und Bewerber sollte in Recruiting-Prozessen auf Augenhöhe stattfinden. Nicht selten allerdings vergessen oder vernachlässigen Unternehmen ihren Teil der Verpflichtungen in der Kommunikation, mit negativen Effekten für den Bewerber und damit letztlich auch für das Unternehmen. In unserer Funktion als Berater sind uns einige dieser Probleme bei Kandidaten begegnet – und Ideen, wie es besser gehen kann.

Frustrierte Bewerberin
Quelle: Shutterstock.

 

Der Bewerbungsprozess stellt im Idealfall immer den Beginn einer Bindung dar. Auch wenn dort, wo Menschen miteinander umgehen, nicht immer alles perfekt läuft, wird eine Häufung von Unstimmigkeiten jedoch selten zu einem guten Start führen.

Als besonders unangenehm und Quellen des Frustes werden von Bewerbern intransparente Abläufe, starke Verzögerung in den Rückmeldungen und unverbindliche Auskünfte empfunden – oder gar das unkommentierte Abweichen von gemachten Zusagen. So wird beispielsweise ein Verfahren als zweistufiges Gespräch angekündigt, dann folgen aber mitunter noch ein drittes oder viertes Gespräch, ohne dass klargemacht wird, warum und wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Insbesondere bei gefragten Profilen kann in der Zwischenzeit längst ein anderes, attraktives Angebot aufgetaucht sein und der betreffende Kandidat steht nicht mehr zur Verfügung.

Abläufe rechtzeitig klar kommunizieren und einhalten

Entsprechend wichtig ist es, solche Fehler möglichst zu vermeiden. Zunächst sollte ein klarer, im Vorfeld strukturierter Recruiting-Prozess den Kandidaten möglichst früh dargelegt werden.

  • Wie viele Gesprächstermine wird es geben?
  • Wer werden die Gesprächspartner sein?
  • Wie sieht die zu erwartende Zeitschiene aus?

Rückmeldungen zu den Terminen sollten möglichst zeitnah gegeben werden und einen verbindlichen Charakter aufweisen. Natürlich ist niemand gefeit beispielsweise vor Krankheit oder anderen unvorhersehbaren Ereignissen, die den Bewerbungsablauf nach der ursprünglichen Planung beeinflussen können. Sollten sich solche Verzögerungen oder Abweichungen zum geplanten Vorgehen ergeben, ist es besonders wichtig, diese verbindlich und aufrichtig zu kommunizieren und eine angebrachte Entschuldigung nicht zu vergessen. Eine Änderung kann passieren, aber nichts ist unangenehmer für den Bewerber und kontraproduktiv für ein möglicherweise bevorstehendes Vertrauensverhältnis, als ein kommentarloses Übergehen von zuvor gemachten Versprechungen.

Konkreter Vertragsentwurf als Bindemittel

Häufig begleiten wir Rekrutierungsprozesse, in denen sich Bewerber parallel auch in anderen Verfahren befinden. Gerade hier kann Zeit ein wichtiger Faktor sein, um einen zukünftigen Mitarbeiter an sich zu binden. Neben einem verbindlichen Kennenlernprozess kann das Vorlegen eines konkreten Vertragsentwurfs am Ende eines finalen Gesprächs eine sehr effektive Maßnahme darstellen. Das Interesse, den Kandidaten zu gewinnen, nimmt somit gleich eine sehr konkrete Form an.

Dies bedarf im Vorfeld natürlich einer genauen Abstimmung der Beteiligten und Erfahrung der Interviewer, beispielsweise in Bezug auf die Frage, wer zum Unternehmen beziehungsweise auch in die betreffende Abteilung passt, ob noch andere Kandidaten potentiell in Frage kommen und so weiter. Auch der Vertragsentwurf muss entsprechend vorbereitet sein und gegebenenfalls einen Passus enthalten, der auf die Gültigkeit des Dokuments vorbehaltlich der internen Zustimmungen (z.B. durch den Betriebsrat) hinweist. Vor allem über eine finanzielle Einordnung sollte man mit dem Bewerber im Vorfeld, z. B. im Erstgespräch, gesprochen haben, damit es nicht zu negativen Überraschungen kommt.

Alternativ zur Überreichung eines schriftlichen Vertrags kann auch ein zeitnah (gleicher Tag oder Folgetag) übermittelter Letter of Intent mit konkreten Vertragsdetails Bindung erzeugen. In der Praxis gibt es natürlich auch Prozesse, die sich in die Länge ziehen. Wichtig ist auch hier Verbindlichkeit in den Aussagen. Zugesagte Termine nicht einzuhalten, oder sich gar nicht mehr zu melden ist gerade bei der heutigen Marktlage ein absolutes No-Go.

Robert Guhl

Robert Guhl

Senior Personalberater

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