Hoher Fachkräftebedarf in Sachsens Metropolen
Doch, es gibt ihn, den Aufschwung Ost: Die sächsischen Großstädte Leipzig und Dresden entwickeln sich seit einigen Jahren in Bezug auf Bevölkerung und Wirtschaft hervorragend. Kein Wunder, dass sich immer mehr Projektentwickler und Immobilieninvestoren in Sachsen tummeln. Dadurch wächst auch der Bedarf an Fach- und Führungskräften.
Dass die sächsischen Großstädte erhebliche Chancen bieten, haben zahlreiche Immobilienunternehmen aus der Hauptstadtregion erkannt. Bauträger und Banken, Makler und Investoren, Berater und Projektentwickler – viele von ihnen machen Geschäfte in Dresden und Leipzig oder haben in Sachsen sogar eine Niederlassung eröffnet. „Wir sehen bei unseren Kunden ganz klar, dass die mitteldeutschen Immobilienstandorte, allen voran Leipzig und Dresden, verstärkt in den Fokus von Investoren und Mietern rücken“, sagt Matthias Leube, CEO der Immobilienberatungsgesellschaft Colliers International. *1
Das ist eine Einschätzung, die Reto Hornung, Teamleiter Real Estate bei Vires Conferre, nur bestätigen kann: „Viele unserer Berliner Kunden sind schon vor Jahren nach Leipzig und Dresden gegangen, und der dortige Markt wird immer interessanter. Dadurch ist auch die Nachfrage nach Fach- und Führungskräften an diesen Standorten gestiegen.“
Unerwartete Erholung
Blickt man etwas weiter zurück, so ist das alles andere als selbstverständlich. Denn um die Jahrtausendwende galt vor allem Leipzig als schwerkranker Patient auf dem deutschen Immobilienmarkt. Die Einwohnerzahl war auf unter 500.000 gesunken, zahlreiche Wohnungen standen leer, und der Büromarkt lag am Boden. Der Messestadt, in den Nachwendejahren als Boomtown des Ostens gehandelt, prophezeiten viele Experten eine deprimierende Zukunft.
Doch sie täuschten sich gewaltig. Heute zählt Leipzig nach einem bemerkenswert starken Wachstum 601.000 Einwohner, und das Statistische Landesamt Sachsen rechnet bis 2035 mit einer weiteren Bevölkerungszunahme auf bis zu 681.000 Personen*2. Die Arbeitslosenquote ging zwischen 2015 und 2019 von 8,8 auf 5,9 Prozent zurück*3, und nur noch 2,9 Prozent der Wohnungen*4 können kurzfristig angemietet werden. Bezeichnungen wie „Hypezig“ oder „das neue Berlin“ unterstreichen zudem, dass die Stadt ein hervorragendes Image als lebendige, kreative und junge Metropole genießt.
Fachkräfte gesucht
Diese positive Entwicklung wirkt sich auch auf die Personalsituation im immobilienwirtschaftlichen Bereich aus. Zwar gibt es aufgrund der kleinteiligen Struktur der Immobilienwirtschaft keine verlässlichen Angaben zur Zahl der branchenbezogenen Unternehmen und Arbeitskräfte in Sachsen. Unübersehbar ist aber, dass gerade auch größere Firmen sich am Standort verstärken. So hat zum Beispiel Colliers International, eine der bedeutenden Immobilienberatungsgesellschaften, im Herbst 2020 einen Regional Manager für Mitteldeutschland mit Sitz in Leipzig ernannt. Dies, sagt Colliers-CEO Matthias Leube, sei „ein konsequenter nächster Schritt, um unsere Wachstumsstrategie für die Region Mitteldeutschland weiter umzusetzen“.
Bereits seit langem mit einem eigenen Büro in Leipzig und teilweise auch in Dresden präsent sind außerdem Unternehmen wie der Wohnungsentwickler Instone sowie die Beratungs- und Maklergesellschaften Aengevelt und JLL. Sie profitieren von der guten Ausbildungssituation vor Ort: Zukünftige Fach- und Führungskräfte werden nicht nur an der Universität Leipzig und der Technischen Universität Dresden ausgebildet, sondern auch an der Berufsakademie Sachsen mit ihrem Studienbereich Immobilienwirtschaft.*5 So erhalten die Unternehmen auch neue Impulse auf Höhe der Zeit – zum Beispiel zu digitalen Arbeitsprozessen in der Immobilienwirtschaft. In einem solchen Umfeld werden die durch das Wachstum benötigten Fachkräfte schnell vermittelt.
Leipzig: Dynamischer Büromarkt
Dass die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften und damit nach den Dienstleistungen spezialisierter Personalvermittler auch in Zukunft steigen dürfte, verdeutlichen einige Zahlen. Von Januar bis September 2020 wechselten in Leipzig gewerblich genutzte Immobilien für 674 Millionen Euro den Eigentümer.*6 Damit kommt die Messestadt deutlich besser durch die Krise als die meisten deutschen A-Städte. Auch der Bürovermietungsmarkt hält sich bemerkenswert stabil: 89.000 Quadratmeter Bürofläche*7 wurden in Leipzig in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 vermietet, womit der zehnjährige Durchschnitt um knapp zehn Prozent übertroffen wurde.
Wie dynamisch die Entwicklung ist, zeigt sich an fast jeder Ecke der Stadt. Vielerorts drehen sich die Kräne, und Eigentums- und Mietwohnungen entstehen in großer Zahl. In Planung sind auch mehrere städtebauliche Großvorhaben; so will das österreichische Unternehmen Imfarr auf dem Areal des ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhofs nicht weniger als 2.400 Wohneinheiten und 100.000 Quadratmeter Gewerbefläche errichten.
Stabilität in Dresden
In Dresden, das mit 563.000 Einwohnern etwas kleiner ist als Leipzig, sind die Zahlen nicht ganz so beeindruckend. In der ersten Hälfte des Jahres 2020 wurden nach Angaben des Maklerunternehmens Aengevelt*8 knapp 19.000 Quadratmeter Bürofläche vermietet. Die Landeshauptstadt punktet dafür mit hoher Stabilität und guten Zukunftsaussichten: Im Städteranking von IW Consult, Wirtschaftswoche und Immobilienscout24*9, das die Entwicklung der 71 größten deutschen Städte analysiert, liegt Dresden in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit auf dem 14. Platz und damit vor Leipzig (26.).
Attraktiver Wohnungsmarkt
So erstaunt deshalb nicht, dass Dresden und Leipzig auch bezogen auf den Wohnungsmarkt zu den spannendsten Städten Deutschlands gehören. Gerade aus Berlin zieht es Bauträger, Makler und Berater in großer Zahl in die mitteldeutschen Metropolen. Ein erhebliches Potenzial sehen sie nicht zuletzt darin, dass Mieten und Kaufpreise noch immer vergleichsweise niedrig sind: Das Beratungsinstitut empirica*10 beziffert den durchschnittlichen Kaufpreis in Leipzig auf 2.769 Euro pro Quadratmeter und in Dresden auf 2.846 Euro pro Quadratmeter, während die durchschnittlichen Angebotsmieten 6,92 Euro bzw. 7,47 Euro pro Quadratmeter betragen.
Falsch wäre es allerdings, zu erwarten, dass Mieten und Kaufpreise demnächst Berliner oder gar Münchner Niveau erreichen werden. Denn unbegrenzt ist der Aufschwung nicht. Wer mit offenen Augen durch die beiden Städte fährt, kann die Vermarktungsschwierigkeiten bei vielen neuen, hochpreisigen Mietwohnungen nicht übersehen. Und auch das starke Bevölkerungswachstum der vergangenen Jahre scheint abzuflachen. Dresden legte 2019 nur noch um 2.370 Einwohner zu, und Leipzig musste in den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 sogar ein Minus von 585 Personen verzeichnen.
Wer jedoch mit realistischen Erwartungen an die beiden Städte herangeht, wird nicht enttäuscht werden. „Leipzig und Dresden“, ist jedenfalls Reto Hornung von Vires Conferre überzeugt, „werden sich weiter positiv entwickeln und deshalb auch in Zukunft einen hohen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften im Real-Estate-Sektor haben.“
*1 https://www.colliers.de/presse/colliers-international-steffen-sauer-wird-regional-manager-leipzig/
*3 https://statistik.leipzig.de/statcity/table.aspx?cat=7&rub=3
*4 https://www.realestate.bnpparibas.de/marktberichte/wohnmarkt/leipzig-city-report
*5 https://www.ba-leipzig.de/studienangebote/immobilienwirtschaft