Interim Management in Zeiten von Corona

von Niklas Thürmann Veröffentlicht am:

Die Corona-Pandemie setzt vielen Unternehmen und Selbstständigen in Deutschland schwer zu. Besonders der Mittelstand hat mit den finanziellen Folgen zu kämpfen und muss zum Teil an den bisherigen Geschäftsmodellen nachjustieren.

Interim Management in Zeiten von Corona
Quelle: Adobe Stock

Diese Herausforderungen bekommt auch der Interim-Management-Markt zu spüren. Denn wo in guten Zeiten die Ausgaben für externe Mitarbeiter einen normalen Bestandteil im Budgettopf darstellen, sparen Unternehmen diese Kosten in Krisenzeiten nach Möglichkeit ein und stoppen bereits laufende oder geplante Projekte mit Interim-Managern.

Je nachdem, wie man die Jobbezeichnung „Interim-Manager“ definiert – ob man von langjährig führungserfahrenen selbstständigen Managern spricht, auch freiberuflich tätige Fachkräfte bzw. Spezialisten inkludiert und abhängig davon, welchem Zahlenwerk man trauen mag – betrifft diese Situation mehrere zehntausend Erwerbstätige in Deutschland. Mit ihnen spüren auch Vermittlungsdienstleister die Folgen der Krise.

Dass auf die plötzliche Corona-Krise mit einer Reduzierung der Kosten reagiert wird, ist eine nachvollziehbare Reaktion. Dabei könnten gerade externe Spezialisten bei den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen wertvolle Hilfestellungen leisten. Denn während Unternehmensberater “nur“ auf Analysen basierende Empfehlungen aussprechen, geht der Einsatz von freiberuflichen Managern weit darüber hinaus.

Hochqualifiziert und mit meist langjähriger Erfahrung werden diese freien Mitarbeiter nämlich nicht nur bei Personalengpässen, sondern besonders dann relevant, wenn es u. a. um die Umstrukturierung von Organisationen, das Führen von Sanierungen, die Erschließung neuer Märkte, die Markteinführung neuer Produkte bzw. Dienstleistungen oder auch um die Digitalisierung des Business-Models geht.

Insbesondere im Hinblick auf den durch die Corona-Pandemie ausgelösten und notwendigen Digitalisierungsschub kann der Einsatz von externen Spezialisten besonders für KMUs sinnvoll sein. Denn gerade für Projekte, in denen Digitalisierungsprozesse vorangetrieben und damit der langfristige wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens gesichert werden soll, ist im Interim-Management-Markt ein hoher Kompetenzgrad vorhanden.

Welche Folgen die Corona-Krise auf dem Interim-Management-Markt und dessen Vermittlung bisher hatte und wie die Prognosen für 2021 aussehen, lesen Sie hier im Interview mit Felix Rook - Geschäftsführer der Vires Conferre Interim Management GmbH:

Herr Rook, waren Sie und Ihr Unternehmen auf so eine Krise wie die jetzige vorbereitet?

Ganz ehrlich: Nein. Mit einer Krise basierend auf einem Virus haben wir nicht gerechnet. Wir haben – wie auch viele andere Branchen – eher damit spekuliert, dass es in den nächsten Jahren zu einer Wirtschafts- oder Finanzkrise ähnlich wie in 2008 kommen könnte. Insofern traf uns die Corona-Krise mit ihrem besonderen Charakter schlagartig und unerwartet.

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Krise bisher auf Ihr Geschäft mit der Vermittlung von Interim-Managern?

Der Markt für Interimslösungen hat in den vergangenen Jahren einen starken Boom erfahren. Immer mehr Unternehmen – besonders auf unserem Primärmarkt Berlin – haben erkannt, dass die Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern bzw. sogenannten Freelancern sehr gut funktioniert und externe Spezialisten sehr effizient und – das ist meist besonders entscheidend – sehr flexibel, erfahren und bezahlbarer als z.B. Unternehmensberater sind. Nach Jahren des starken Wachstums und auch einem erfolgreichen ersten Quartal 2020, konnten wir kurz nach Beginn der bundesweiten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen einen starken Rückgang an Vermittlungsanfragen feststellen. Die Unabsehbarkeit der Krise hatte viele Unternehmen dazu verleitet, eine Vielzahl an Projekten zu stoppen. Die Mehrheit der für diese Zeit bereits vermittelten Interim Manager, arbeiteten für die Projektanbieter jedoch weiter. Im April kam unser Geschäft dann fast gänzlich zum Erliegen. Im Mai liefen die Geschäfte wieder an und wurden dann bedingt durch die Sommerferien nochmals etwas ruhiger. Seit August ist das Aufkommen von Mandatsanfragen wieder sehr gut. Projekte wurden seitens der Unternehmen wieder reaktiviert und dies sorgt dafür, dass die im 2. Quartal zurückgegangenen Umsätze nun im 3. und 4. Quartal wieder aufgeholt werden.

Hat sich denn an dem Umfang der Buchungsmandate etwas geändert? Spüren Sie die Sparprogramme, die sich viele Unternehmen auferlegt haben?

Ja, hier ist ein klarer Trend zu erkennen. Vor dem Ausbruch von Covid-19 hatten wir in der Regel Mandatsanfragen in einem Umfang von 4-5 Tagen pro Woche. Aktuell liegt der Umfang häufiger auch mal bei 2-3 Tagen pro Woche. Die Unternehmen achten stärker auf ihre Budgets, sind vorsichtiger geworden und priorisieren viel stärker, welche Projekte aktuell gerade wirklich umgesetzt werden müssen und welche verschoben werden können.

Einerseits ist die Reaktion der Unternehmen, mit Kosteneinsparungen auf eine Krise zu reagieren, nachvollziehbar. Anderseits sollte man doch denken, dass gerade jetzt die richtige Zeit sei, Projekte anzustoßen, die zu einem nachhaltigen Erfolg des Unternehmens beitragen, oder?

Das ist grundsätzlich vollkommen richtig. Dies muss man aber ein wenig differenzierter betrachten – und die Realität sieht anders aus. Unternehmen, die kurz vor der Insolvenz stehen, kümmern sich jetzt nur darum noch die letzten Gelder zu retten bzw. den Betrieb zu sanieren. Diese haben gar nicht die finanziellen Möglichkeiten neue Projekte anzustoßen. Anders sieht es z. B. bei größeren Mittelständlern aus der Digital- und E-Commerce-Branche aus, die wir betreuen. Diese gehören teilweise sogar zu den Profiteuren der Krise, scheuen sich aber aktuell noch vor größeren Ausgaben, da die Zukunft und die Länge der Pandemie weiterhin nicht absehbar sind.

Warum und für welche Handlungsfelder sollten Unternehmen jetzt auf Interim-Manager setzen?

Die Handlungsfelder sind vielfältig und sind natürlich abhängig von der Situation und den Zielen des Unternehmens. Oft bekommen wir gerade dann Mandatsanfragen, wenn es im Unternehmen „brennt“ und das Feuer durch einen freien Experten gelöscht werden soll. Vires Conferre hat Kontakte zu etwa 3.000 ausgewählten Interim-Managern, die auch in schwierigen Phasen eines Unternehmens mit ruhiger Hand unterstützend eingreifen können. In der aktuellen Situation werden bei uns u. a. langjährig erfahrene Spezialisten für die Bereiche Human Resources, Finance, Controlling, Digitales Marketing, sowie Sanierung & Restrukturierung nachgefragt. Unternehmen suchen häufig dort Unterstützung, wo sie sehr schnell positive wirtschaftliche Effekte erwarten und direkt sehen können.

Wie sehen Ihre Prognosen für die nächsten Monate und das Jahr 2021 aus?

Stand heute und aufgrund des Lockdown-Light im November sowie den weiterhin bestehenden Unsicherheiten, rechnen wir bis Februar nächsten Jahres mit einer geringeren Nachfrage nach Interim-Managern als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Für die Zeit ab März 2021 rechnen wir dafür dann mit einem großen Aufschwung. Denn dann ist davon auszugehen, dass die Unternehmen wieder besser planen können und Projekte freigeben lassen werden. Wir sind optimistisch und gehen im Vergleich zu 2020 von einem insgesamt besseren Jahr 2021 aus. Mit der Vermittlung von Interim-Lösungen, hoffen wir, viele Unternehmen auf dem Weg aus der Krise unterstützen zu können.

Zurück