Kampf dem Fachkräftemangel

von Christian Hunziker Veröffentlicht am:

Seit diesem Jahr arbeiten die Personalberatung Vires Conferre und die Beratungsgesellschaft BBT bei der Vermittlung von Fach- und Führungskräften für die Wohnungswirtschaft zusammen. Im Interview äußern sich die Verantwortlichen zu den Hintergründen und Zielen der Kooperation.

Felix Rook, Kay Schulte, Reto Hornung (v.l.)
Felix Rook, Kay Schulte, Reto Hornung (v.l.)

Wie ist es zur Kooperation zwischen Vires Conferre und BBT gekommen?

Reto Hornung: Wir sind schon seit längerem in persönlichem und geschäftlichem Kontakt mit der BBT. Dabei kam der Gedanke auf, die Zusammenarbeit zu vertiefen. Die BBT erfährt ja über die Kontakte zu ihren Kunden früh, wenn Positionen nicht oder nur schwer zu besetzen sind. Wenn sie dann ihren Kunden anbieten kann, solche Probleme über einen spezialisierten Kooperationspartner zu lösen, ist das ein großer Vorteil für alle Beteiligten.

Kay Schulte: In der Vergangenheit haben wir bei der BBT zwar gelegentlich auf Zuruf bei Personalfragen ausgeholfen; zu unseren Kernaufgaben gehört Personalvermittlung aber nicht. Weil wir mit unseren Beratungsangeboten sehr intensiv in den Unternehmensprozessen drin stecken, merken wir schnell, wenn es Personalengpässe gibt oder spezifisches Knowhow fehlt. Deshalb passt es wunderbar zusammen, wenn wir jetzt in Kooperation mit Vires Conferre ein Interimsmanagement oder eine Neubesetzung der Position anbieten können.

Welche Personalbereiche decken Sie ab?

Reto Hornung: Grundsätzlich sind wir auf die Besetzung von Führungs- und Fachfunktionen spezialisiert, und zwar sowohl in Festanstellung als auch im Interimsmanagement. Dabei decken wir im Immobilienbereich sowohl technische als auch kaufmännische Positionen ab. Das kann der Steuerexperte oder der Projektentwickler sein, der Abteilungsleiter einer kommunalen Gesellschaft oder das Vorstandsmitglied einer Genossenschaft. Da wir regional auf Nord-/Ostdeutschland mit Schwerpunkten in Berlin und Hamburg konzentriert sind, deckt sich unser Tätigkeitsgebiet weitgehend mit dem der BBT.

Welche wesentlichen Vorteile hat die Kooperation für die beiden Partner?

Reto Hornung: Wir können frühzeitig in die Besetzung freier Positionen einsteigen. Weil wir zudem mit einem sehr renommierten Partner zusammenarbeiten, festigen wir unsere Marktposition in der Wohnungswirtschaft.

Kay Schulte: Für die BBT bedeutet die Kooperation die Komplettierung unseres Dienstleistungsportfolios. Und wir haben – wie auch Vires Conferre – ein Alleinstellungsmerkmal: Unseres Wissens gibt es deutschlandweit keinen anderen Fall, bei dem ein Personalberatungsunternehmen in dieser Form mit einer verbandsnahen Beratungsgesellschaft kooperiert.

Hintergrund der Kooperation ist ja ein für die Branche gravierendes Problem: der Fachkräftemangel. Wie äußert sich dieser Mangel konkret?

Kay Schulte: Wie dramatisch die Lage ist, sieht man zum Beispiel bei einigen großen Berliner Wohnungsunternehmen, bei denen es über viele Monate hinweg nicht gelungen ist, Projektleiterstellen adäquat zu besetzen. Wir selber haben bei der BBT gemerkt, wie schwierig die Besetzung von Stellen ist, da wir einige Vakanzen in unserer Bauabteilung hatten. Unternehmen machen außerdem die Erfahrung, dass Mitarbeiter, die aus irgendeinem Grund unzufrieden sind, sofort weg sind, da sie auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrt sind.

Wie kann da Vires Conferre helfen?

Reto Hornung: Wir haben seit vielen Jahren einen immobilienwirtschaftlichen Schwerpunkt in der Region, sind kontinuierlich mit Kandidaten in Kontakt und haben ein belastbares Netzwerk aufgebaut. Das ist enorm wichtig geworden, da insbesondere der bautechnische Bereich ein Kandidatenmarkt ist. Ein guter Bauingenieur, der keine überzogenen Gehaltsansprüche erhebt, hat innerhalb von zwei Wochen fünf Stellenangebote auf dem Tisch. Konkret schalten wir nicht nur Anzeigen, sondern sprechen die Bewerber auch über soziale Netzwerke und übers Telefon an. Zudem bekommen wir viele Anfragen von Kandidaten, die dabei sind, sich beruflich neu zu orientieren, aber keine Lust haben, sich selber auf die Suche zu machen.

Felix Rook: Dabei geht es auch darum, Bewerber für eine Aufgabe zu begeistern und tolle Unternehmen bekannt zu machen.

Welche Rolle spielt dabei das Interimsmanagement?

Felix Rook: Interimsmanagement bezieht sich auf einen zeitlich befristeten Personalbedarf, der eine Spanne von wenigen Monaten bis etwa ein oder zwei Jahren umfasst. Heute kommen im Interimsmanagement nicht mehr nur absolute Topmanager zum Einsatz, sondern auch Fachkräfte und Projektmanager. In den letzten drei bis vier Jahren hat die Nachfrage in diesem Segment deutlich zugenommen, weil das Interimsmanagement den Unternehmen auch die Möglichkeit bietet, eine Vakanz zu überbrücken. Dabei ist ein Interimsmanager günstiger und praxisorientierter als ein Beratungsunternehmen.

Was macht die Position eines Interimsmanagers für Jobsuchende interessant?

Felix Rook: Das Interimsmanagement ist ein attraktives Betätigungsfeld für Menschen, die sehr veränderungsorientiert sind und denen es spätestens nach zwei oder drei Jahren im selben Unternehmen langweilig wird. Es sind Personen, deren Expertise auf verschiedenen Festanstellungen aufbaut und die eine besondere Persönlichkeit aufweisen – man könnte sagen: Es sind fast schon Getriebene.

Kay Schulte: Möglicherweise braucht die Wohnungswirtschaft genau das: Leute, die sich mit enormer Power für begrenzte Zeit für ein Unternehmen einsetzen und vielleicht auch mal Dinge auf den Kopf stellen.

Nun stehen ja gerade kommunale Unternehmen und Genossenschaften nicht im Ruf, die allerdynamischsten Unternehmen zu sein. Ist das ein Hindernis, um ehrgeizige Mitarbeiter zu gewinnen?

Reto Hornung: Sicher ist eine kommunale Gesellschaft nicht so dynamisch wie ein Private-Equity-Investor aus Südostasien, der für viele Millionen Euro Gewerbeimmobilien einkauft. Dennoch stellen wir immer wieder fest, wie groß das Unwissen ist über das, was die kommunalen Gesellschaften – um sie als Beispiel zu nennen – tun. Oft hat ein Kandidat keine Vorstellung davon, in welch großen Volumina kommunale Gesellschaften Projekte entwickeln und welch spannende Themen damit verbunden sind. Genau da kommen wir ins Spiel: Wir erklären einem Kandidaten, dass kommunale Gesellschaften längst nicht mehr nur ihre Bestände verwalten, sondern anspruchsvolle Themen wie Schulbau und die Entwicklung von Flüchtlingsunterkünften bearbeiten.

Kay Schulte: Wenn man genau hinschaut, sieht man, dass die Arbeit der kommunalen und genossenschaftlichen Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten unheimlich an Qualität gewonnen hat. Sie arbeiten auf hohem Niveau an der Stadt- und Quartiersentwicklung. Wenn man jungen Leuten deutlich macht, dass in der Wohnungswirtschaft spannende Herausforderungen liegen, wollen sie nicht mehr unbedingt als schicke Makler ihr Geld verdienen.

Wie schwierig ist es, Arbeitskräfte an periphere Standorte zu locken?

Reto Hornung: Es ist zweifellos nicht einfach, vor allem, wenn es sich nicht um eine leitende Funktion handelt. Abteilungsleiter und Vorstandsmitglieder sind eher bereit, an periphere Standort zu gehen. Aber auch da kommt wieder unser Suchinstrumentarium zum Tragen: Wir wissen, wo die Zielwohnmärkte sind, von denen aus das Pendeln an einen schwierigen Standort denkbar ist. Auch da gibt es Mittel und Wege, Märkte zu durchdringen, Kandidaten anzusprechen und so Positionen erfolgreich zu besetzen.

Die Gesprächspartner

Reto Hornung ist Teamleiter Real Estate bei der Berliner Personalberatung Vires Conferre GmbH.

Felix Rook ist Geschäftsführer der Vires Conferre Interim Management GmbH.

Kay Schulte ist Geschäftsführer der BBT GmbH, an der der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) zu 75 Prozent und die Berliner Volksbank zu 25 Prozent beteiligt sind.

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