Nadeln im Heuhaufen

von Andreas Becker Veröffentlicht am:

Kristina Herber kennt sich aus mit kniffligen Besetzungsprozessen. Als auf Technologieunternehmen spezialisierte Beraterin weiß sie um den hohen Bedarf an Fachkräften, dem nicht selten eine geringe Anzahl an passenden Kandidaten gegenübersteht. Je höher die Spezialisierung der gefragten Position, desto schwieriger kann es werden. Kreative Lösungen außerhalb der Norm sind dann gefragt.

Kristina Herber Vires Conferre

„Je nachdem, um was für eine Aufgabe es sich handelt, ist es mittlerweile gar nicht mehr leicht für Unternehmen, einen geeigneten Mitarbeiter zu finden. Besonders stark betrifft das den Mittelstand, der mit großen und bekannten Konzernen und ihren oft attraktiveren Arbeitsbedingungen und höheren Gehältern um dieselben Kandidaten buhlen muss,“ erklärt Kristina Herber und erinnert sich an einen Besetzungsfall für ein Planungsbüro im Bereich Elektrotechnik und Baumanagement. „Der Markt für potentielle Bewerber in diesem Bereich ist sehr limitiert. Ich bin dann bei meinen Recherchen auf einen Kandidaten aus Bosnien-Herzegowina gestoßen, der gerade zufällig für einen befristeten Zeitraum in Deutschland war. Der Staat gehört aktuell noch nicht zur EU, was den anfallenden Aufwand für die Unternehmen, solche Personen anstellen zu können, erhöht.“ Dieser werde aber oft dennoch nicht gescheut.

Dadurch, dass Fachleute oft händeringend gesucht werden, sind die Unternehmen mittlerweile bereit, einiges in neue Kollegen zu investieren. Wenn sie aus dem Ausland kommen, heißt das auch, die Leute an die Hand zu nehmen, Deutschkurse zu finanzieren und neben dem bürokratischen Immigrationsprozess auch die soziale Integration zu unterstützen.

Kristina Herber, Personalberaterin

Es gebe aber im Gegenzug für die Unternehmen hier auch einiges zu gewinnen. „Ich wusste in dem speziellen Fall, dass die Universität, an der der Kandidat seinen Abschluss gemacht hatte, einen sehr guten Ruf genießt. Außerdem, das kann man bei aller Fairness so sagen, bringen Bewerber, die aus dem Ausland kommen, gern auch mal eine höhere Arbeitsmotivation mit als der ein oder andere, der sich schon an hiesige Arbeits- und Lebensstandards gewöhnt hat. Das macht sich für die Unternehmen bemerkbar, so dass sich der Mehraufwand mit etwas Geduld durchaus amortisieren kann,“ fasst Kristina Herber Ihre Erfahrungen in diesem Bereich zusammen.

Eine Ausweitung der Suchparameter hat auch die demographische Entwicklung in der Gesellschaft zur Folge. „Durch die hohe Nachfrage kommt es vor, dass manche Koryphäen durchaus auch jenseits der 60 noch stark umworben werden. Wenn ein hohes Maß an Spezialisierung und viele Jahre Erfahrung zusammenkommen, sind Unternehmen mittlerweile auch hier bereit, auf recht hohe Ansprüche einzugehen und individuelle Regelungen zu finden, um solche Kandidaten gewinnen zu können,“ erzählt Kristina Herber. Mitunter bedeutet der Fachkräftemangel also auch eine gute Nachricht für ältere Arbeitnehmer.

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